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Die Kitasatzung und Probleme ohne Ende

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Angesichts des Wunsches vieler Eltern, anteilige Elternbeiträge für die Tage des gegenwärtigen Kitastreikes zurückzubekommen stellte sich heraus, dass dies mit den geltenden Satzungen in Dresden nicht möglich zu sein scheint. Deshalb lohnt sich ein näherer Blick auf diese Satzungen und die Entstehungsgeschichte.

In der Elternbeitragssatzung kann man in der jetzt gültigen Fassung lesen:

„Vorübergehende Abwesenheiten des betreuten Kindes, z. B. infolge Krankheit, Kur und Urlaub, führen nicht zu einer Minderung oder zum Wegfall des Elternbeitrags. Gleiches gilt für Schließzeiten und Schließungen nach § 3 Abs. 3 der Satzung der Landeshauptstadt Dresden zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen in ihrer aktuellen Fassung von weniger als einem Monat.“

Der Paragraph der Fördersatzung, auf den hier verwiesen wird, lautet:

„Kindertageseinrichtungen können u. a. infolge von Schadensereignissen wie z. B. Hochwasser, Orkan, Brand, Wasserrohrbruch, schwerer Einbruch in Verbindung mit Vandalismus, Maßnahmen des Arbeitskampfes oder auf Grund von behördlichen Anforderungen vorübergehend, teilweise oder ganz geschlossen werden.“

Ende 2010 trat die Stadtverwaltung an den damaligen Stadtrat mit dem Ansinnen heran, die für die Betreuung der Kinder in Kitas geltende Satzung zu ändern. Sie legte mit der Vorlage V0883/10 einen Vorschlag vor, der danach sehr kontrovers diskutiert wurde.  Der für uns hier relevante Paragraph änderte dabei seine Fassung wie folgt; aus

„Kindertageseinrichtungen können u. a. infolge eingetretener Katastrophen oder auf Grund von Anforderungen des Gesundheitsamtes vorübergehend, teilweise oder ganz geschlossen werden. Schadenersatzforderungen sind hier ausgeschlossen.“

wurde

„Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen können u. a. infolge eingetretener Katastrophen, Maßnahmen des Arbeitskampfes oder auf Grund von behördlichen Anforderungen vorübergehend, teilweise oder ganz geschlossen werden. Schadensersatzforderungen sind hier ausgeschlossen.“

Nachvollziehen kann man das in der Synopse der Vorlage. Der Paragraph, der eigentlich der Abwehr von Schadenersatzansprüchen diente wurde also erweitert, Maßnahmen des Arbeitskampfes wurden explizit aufgenommen. Strittig war damals auch, ob die Stadt überhaupt aus eigener Kraft im Ortsrecht Schadenersatz ausschließen kann, wie man weiter oben in der aktuellen Fassung sehen kann ist der letzte Satz dieses Paragraphen inzwischen auch verschwunden.

Die LINKE, für die ich damals das Themengebiet Kindertagesbetreuung in Dresden allein bearbeitete, hat sich vehement gegen die neue Satzung gesperrt. Dies lässt sich in den Niederschriften des Jugendhilfeausschusses und des Stadtrates verfolgen. Hier einige Auszüge:

Im Jugendhilfeausschuss:

„Für Herrn Stadtrat Kießling sei die inhaltliche Diskussion nicht beendet und somit werde er sich heute enthalten. Die Satzung habe man vor dem Hintergrund eines technischen und durch Zeitdruck bestimmten Verfahrens vorgelegt, kritisiert er. Sie stelle kein befriedigendes Ergebnis dar. Er vertrete die Auffassung, dass, wenn durch eine städtische Satzung wirtschaftliche Folgen für die freien Träger oder Tagespflegepersonen erzeugt werden, diese dann von der Stadt erstattet werden müssten.“

Im Stadtrat:

Herr Stadtrat Kießling finde es schon sehr dreist, dass eine öffentliche Diskussion einfach abgewürgt werde. Dies sei der Würde eines solchen Gremiums nicht angemessen. Diese große Zahl der Betroffenen hätte erwarten lassen, dass dem Stadtrat ein Satzungsentwurf vorgelegt werde, der in inhaltlicher und handwerklicher Genauigkeit erarbeitet wäre. Die vorliegende Satzung sei aber ein Zusammenwürfeln, bis auf wenige Dinge, der beiden alten Satzungen mit ihren aus der Historie herrührenden Fehlern oder schwierigen Paragrafen, ohne das die neue Satzung zu einer inhaltlichen Debatte im Ausschuss geführt und wo man Fehler hätte beseitigen können. … Er erläutert und begründet den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Der vorliegende Paragraf 3 sei aus seiner Sicht schlecht und bedürfe einer Überprüfung. „

Die entsprechende Diskussion fand am Ende einer Stadtratssitzung statt, sie wurde damals durch einen Geschäftsordnungsantrag eines Ratsmitgliedes stark begrenzt.

DIE LINKE beantragte sowohl im Jugendhilfeausschuss (Niederschrift, Seite 12) als auch im Stadtrat eine Streichung des Paragraphen 3 Absatz 3. Dies wurde von den Gremien allerdings abgelehnt. Hätten sich Jugendhilfeausschuss und Stadtrat damals überzeugen lassen könnte heute eine einfache Beitragsrückerstattung erfolgen.

In der Folge wurde diese Satzung dann von den freien Trägern in einer Normenkontrollklage angegriffen und erfolgreich zu Fall gebracht.

Das Eingangsproblem, wie kann dem Wunsch von Eltern auf eine Entlastung während der Streiktage entsprochen werden, versuchen wir nun mit folgendem Vorschlag zu lösen:

1. Eltern, deren Kinder in einer kommunalen Kindertageseinrichtung betreut werden und die vom aktuellen Streik der Kita-Erzieherinnen und Kita-Erzieher betroffen sind, erhalten die Mehraufwendungen für die Ersatzbetreuung erstattet.

2. Die Mehraufwendung wird ohne pauschal bis zu einer Höhe erstattet, die sich aus dem Elternbeitrag für das zu betreuende Kind, geteilt durch die Betreuungstage des jeweiligen Monats multipliziert mit den tatsächlichen Streiktagen in der Betreuungseinrichtung ergibt.

3. Sind die Mehraufwendungen der Ersatzbetreuung höher als der Betrag nach Punkt 2 werden sie bei Vorlage geeigneter Nachweise erstattet.

4. Entsprechende Anträge sind den Eltern in den vom Streik betroffenen Einrichtungen unmittelbar nach Beendigung des Arbeitskampfes auszuhändigen und können auch in den Einrichtungen abgegeben werden.

 

 

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