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Gedanken im Wahlkampf

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Wann immer ein Wahlkampf auf uns zukommt warten wir gespannt, welche Ideen für die Materialien und vor allem für die Plakate denn den zuständigen Parteiebenen so eingefallen sind. Ich selbst war bei Kommunalwahlen in der Vergangenheit in der glücklichen Situation, die spannenden Diskussionen um Inhalte, Anzahlen, optische Gestaltung von Wahlplakaten verfolgen oder gar bestimmen zu können. Ich habe dabei eine Menge gelernt und war an erfolgreichen Kampagnen beteiligt.

Anders bei Bundestags- oder Landtagswahlen: Hier warteten wir als Verantwortliche vor Ort oft recht angespannt mit welchen Ideen wir da überrascht werden würden. So auch in dieser Landtagswahlzeit. Wird das, was uns angeboten wird geeignet sein im Wahlkampf zu bestehen? Drückt es in den Augen der Wählerinnen aus, wofür wir stehen, was wir wollen? Ist es, insbesondere bei Landtagswahlen in Sachsen, geeignet, den in den letzten Wahlen zu verzeichnenden schleichenden Verlust an Stimmen wieder wettzumachen? (Leider liegen wir inzwischen ja in allen Umfragen prozentual weit hinter den Genossinnen in Thüringen und sogar hinter den Genoss*innen in Gesamtberlin).

Jetzt hängen fast alle Plakate, die Großflächen stehen, und man konnte sich seine Gedanken machen.

Zuallererst, wie es sich gehört, das Lob: Sowohl die grundsätzliche Auswahl der Themen als auch die zugefügten untersetzenden Begriffe sind ausgesprochen gut gewählt. Solidarität, Gleichheit, Tradition, Behutsamkeit, Widerstand, Sicherheit, Fortschritt, alles wunderbar streitbare und uns dennoch bezeichnende Worte, über die Wähler*innen sich einen Begriff machen können. Sozialismus als Klein- und Großplakatmotiv ist unser “Markenkern”, den es zu nennen und zu verteidigen gilt, und selbst der Weltfrieden hat es auf die Plakate gebracht obwohl er bei dem einen oder der anderen unter den Etablierten in der Partei manchmal etwas distanziert gesehen wird.

Dass unsere Direktkandidat*innen sich geeinigt haben jeweils nach eigenen Vorstellungen die landesweite Wahlkampagne zu ergänzen ist vernünftig und unterstreicht ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten. Andre Schollbach trifft es für meinen Geschmack dabei sehr gut: Die auf das klassische Aussehen der LINKE-Werbung reduzierten Plakate sprechen kraftvoll die drei Themen Klimakrise versus Kapitalismus, Wohnungsnot und Kampf gegen Rechts an. Mit diesem Gesamtauftritt von landesweiter Kampagne und Erststimmenplakaten untermauern wir unseren Anspruch, in dieser Stadt politisch Verantwortung zu tragen.

Ganz am Schluss dennoch ein paar kritisch-nachdenkliche Worte. Natürlich ist die ungewöhnliche Trennung der großformatigen bunten Worte auf den landesweiten Plakaten ein Hingucker, Aufreger, erzeugt Erstaunen, Nachdenken, darüber reden. Unter rein werberischen Aspekten also gelungen. Der Subtext aber kann fatal sein.

Wir sind in einer extrem angespannten gesellschaftlichen Situation. Die protofaschistische AfD könnte stärkste Kraft werden, eine Koalition aus AfD und CDU könnte das Land extrem weit nach rechts verschieben und die Lebensbedingungen für viele Menschen verschlechtern. Vor diesem Hintergrund, der vielen Wähler*innen sehr bewusst ist darf man meiner Meinung nach nicht den Eindruck von Leichtfertigkeit entstehen lassen. Und in meinen Augen ist die Verspieltheit der Plakatgestaltung, mit der der oben genannte werberische Effekt erzielt wird, kaum von der Anmutung der Leichtfertigkeit zu trennen.

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