Weil die Diskussion um ein Böllerverbot wie ein politischer Wiedergänger jedes Jahr erneut auftaucht, bin ich der Diskussion darum sehr müde. Die Freund:innen des Verbots finden immer neue Gründe, um zu verbieten. Dieses Jahr ergab sich durch Corona die lang erwartete Gelegenheit, ein Verbot durchzusetzen. Weil mir selbst inzwischen die Worte fehlen freue ich mich um so mehr über diesen Gastbeitrag.
Silvester – eine persönliche Perspektive
Von Benjamin Keckeis
Die Erinnerungen an die Jahreswechsel der letzten knapp 20 Jahre sind für mich noch so präsent, als wäre es gestern gewesen. Weiter kann ich mich aufgrund meines zarten Alters nicht zurück erinnern. Aber bereits als kleiner Junge habe ich mich schon lange im Voraus auf Silvester gefreut und bereits an Neujahr das Feuerwerk für das nächste Mal geplant.
Es war immer wieder eine schöne Erfahrung, neue Effekte, Batterien wie Raketen sowie Vulkane, auszuprobieren. Und egal, wie gut das Orchester beim alljährlichen Silvesterkonzert gespielt hat – ein befreundeter Hornist und ich waren immer froh, wenn es vorbei war. Denn dann konnten wir endlich schießen.
Dabei spiegelte sich das Leuchten von Vulkanen und Fontänen im Leuchten meiner Augen wider. Und wie gebannt waren diese leuchtenden Augen dann auf Batterien und Raketen gerichtet. Feuerwerk ist eben mehr als nur ,,Böllern“. Es ist die feierliche Verabschiedung des alten Jahres und die Begrüßung eines hoffentlich besseren neuen.
Der Umgang mit Pyrotechnik bedeutete für mich aber immer auch mehr als nur reine Begeisterung und Vergnügen. Auf diese Weise lernte ich nämlich, verantwortungsbewusst mit potentiell gefährlichen Dingen umzugehen. Denn Sicherheit wurde bei uns immer groß geschrieben. Zu nahe an oder gar auf Menschen zu schießen, kam nicht in Frage. Auch stabile Abschussvorrichtungen waren und sind für mich ein Muss.
Ebenso lernte ich durch das Feuerwerk, gegebene Ressourcen bestmöglich einzusetzen. Denn das Budget hatte klar gesetzte Grenzen. Mehr als 30-40€ und das was meine Cousins, mein bester Freund und meine Geschwister dazu gelegt hatten sowie die Gewinne aus dem ,,Raketajassa“ waren nie drin.
Dieses ,,Raketajassa“ war im Grunde genommen ein etwas abgewandeltes Vorarlberger Kartenspiel. Dabei mussten meine Großeltern meinem besten Freund und mir eine Rakete spendieren, wenn wir gewannen. So hatten wir nicht nur etwas für Silvester getan, sondern auch generationenübergreifende Arbeit geleistet und oft äußerst wohlschmeckende Vorarlberger Spezialitäten zu Mittag gegessen.
Neben schönen Erinnerungen an früher gibt es noch ganz andere Dinge, die den 31. Dezember zu einem besonderen Tag machen. Sowohl in Gorbitz als auch in Götzis kann Silvester nämlich schön sein. Denn obwohl die Menschen wildfremd waren, herrschte im Dresdner Plattenbauviertel eine sehr herzliche Atmosphäre – ähnlich wie in einem beschaulichen Dorf in Westösterreich.
Selbstverständlich ist es heuer nicht mehr möglich, dass sich alle gegenseitig ein frohes neues Jahr wünschen. Schön wäre es allerdings, wenn man zumindest aus der Ferne ein Zeichen der Zuversicht und Hoffnung auf ein besseres neues Jahr aussenden könnte. Das wäre nicht nur aus epidemiologischer Sicht unbedenklich, sondern auch ein versöhnlicher Abschluss für ein entbehrungsreiches 2020.
Gerade deshalb ist es schade, dass Silvester aus angeblichen Infektionsschutzgründen ins Wasser fällt. Denn wo ist der kausale Zusammenhang zwischen Menschenansammlungen und Feuerwerk? Kann man nicht auch alleine Raketen schießen oder sich ohne jede Pyrotechnik in eine Menschenmenge begeben?
Ebenso fehlt jede Kausalität zwischen der erhöhten Krankenhausauslastung an Silvester und F2-Feuerwerk. Denn nur 5% der im Spital behandelten Verletzungen zum Jahreswechsel sind auf Unfälle mit Pyrotechnik zurück zu führen. Und sogar davon dürfte das meiste wohl durch illegale Feuerwerkskörper verursacht worden sein. Wenn man die noch einmal verbietet, ist das, als wollte man Gewalt verbieten, damit weniger Morde passieren.
Nun hat König Dirk I. von Dresden aber anders entschieden. Ein entbehrungsreiches Jahr soll still, dunkel und trist zu Ende gehen.
Weder das Feuerwerk wird leuchten noch meine Augen. Dabei hätte es einen versöhnlichen Abschluss geben können. Ich hätte mich noch nicht einmal über eine Maske beim Schießen aufgeregt. Einmal ganz abgesehen davon ist die Maskenpflicht im öffentlichen Raum an Silvester sowieso nicht aufgehoben.
Trotz alledem gibt es in Dresden ein Feuerwerksverbot. Es scheint wohl nicht nur falschen Annahmen, sondern auch den autoritären Fantasien des Dresdner Oberbürgermeisters geschuldet zu sein. Denn das ist nicht sein erster Ausrutscher in diese Richtung.
Dabei wäre es gerade nach einem solchen Jahr angebracht gewesen, wenn farbenfrohe Raketen und Batterien den Nachthimmel erhellt hätten. Die Ästhetik des Feuerwerks sollte die Hässlichkeit von 2020 für einen kurzen Moment übertünchen und ein Symbol der Zuversicht für ein schöneres neues Jahr sein. So hätte ich mir Silvester vorgestellt. Und nicht als stillen, dunklen und tristen Anlass – nach allem, was wir 2020 schon aushalten mussten.
Bejamin Keckeis ist hier auf Facebook zu erreichen.
Und als Service für alle traurigen Menschen hier ein Video aus besseren Feuerwerkszeiten: