Tilo-Kieszling.de

Extreme

| Keine Kommentare

Vom 23. bis zum 26. 7. 2019 war ich zu einem Besuch in Ceuta. Diesen Wunsch hatte ich schon lange. Nun gab es eine Gelegenheit: In unserem internationalen Netzwerk haben wir zwei Jugendbegegnungen dort organisiert.

Ceuta gehört zu Spanien, befindet sich aber am afrikanischen Ufer des Mittelmeeres. Bei schönem Wetter kann man Gibraltar sehen.

Ich will keine Reisebeschreibung machen. Dazu fühle ich mich nicht berufen, denn solche Dienstfahrten haben ihre eigenen Gesetze. Ich will nur einen Tag unserer Fahrt beschreiben, den letzten, an dem alle Verpflichtungen erledigt waren und wir etwas Zeit hatten uns umzusehen.

Hier sieht man, von oben, denn die Fotos die ich selbst gemacht habe sind ein wenig zu privat, den Aquapark von Ceuta. Mit ein paar Klicks können sich aber alle ein Bild verschaffen. In diesem Park verbrachten wir den Vormittag und frühen Nachmittag. So etwa stellt man sich wohl den Luxus eines Mittelmeerurlaubes vor. In klarem Wasser planschen, auf der kleinen Inselbar (Becken ganz rechts) etwas trinken und über nichts schlechtes auf der Welt nachdenken.

Für den Nachmittag war eine Tour durch Ceuta geplant. Hissam, der früher einmal Volunteer bei uns war und aus Ceuta stammte, hatte seinen Vater gebeten uns zu den Orten zu fahren die den Einheimischen wichtig waren. Hijam ist Araber. Und deswegen führte er uns auch an den Ort, den man als Kontrapunkt zur Leichtigkeit des Badeparkes aushalten muss. Es ist der Grenzübergang zu Marokko.

In diesem kurzen Video sieht man einen Schwenk von einer Badestelle am Meer ausgehend hin zur Grenzstation. Dazwischen die Stellen, an denen Verteiler Lasten auf Trägerinnen und Träger aufteilen. Hier passiert folgendes:

Marokko erhebt Anspruch auf das Territorium von Ceuta. Dieser Streit ist eingefroren, allerdings verbietet Marokko Handelsverkehr über die Grenze. Weil aber in Ceuta viele Waren billiger sind als in Marokko wird dennoch gehandelt, buchstäblich auf dem Rücken der Menschen. Die Waren werden von Großhändlern auf Retailer aufgeteilt, diese fahren sie in unmittelbare Grenznähe und übergeben sie dort in Paketen von 30 bis 50 Kilo an Trägerinnen und Träger. Diese wiederum schleppen die Lasten über die Grenze, das gilt als Eigenbedarf. Karren sind verboten, das wäre ja „Verkehr“. Die Trägerinnen und Träger, überwiegend sind es Frauen, legen diesen Weg mehrmals am Tag zurück und erreichen, so erzählte es Hissam, einen Tagesverdienst von etwa 5 Euro. (Das entspricht übrigens dem Eintritt in den Aquapark. Bier gab es für 4 Euro).

Der kleine Handyfilm oben ist am Abend aufgenommen, gegen 18 Uhr, da hatte sich das Treiben schon etwas beruhigt. Wie es auch aussehen kann zeigt der folgende Film des lokalen Fernsehsenders.

Zwischen diesen beiden Orten, dem Badeparadies und der Grenze, liegen höchstens 5 Kilometer.

Hissam sagte mir, er hätte unerhörtes Glück gehabt. Weil sein Großvater einmal entschieden hätte ein paar hundert Meter umzuziehen sei er nun spanischer Bürger, mit Chancen und mit Krankenversicherung. Hätte der Großvater sich anders entschieden wäre er wohl heute auf marokkanischer Seite, im Heer der Hoffnungslosen.

Wenn ich mir etwas wünschen darf dann das: Das die Teilnehmenden unserer Jugendbegegnung sehen, wie nahe sich Luxus und Elend auf dieser Welt sind. Und das sie sich dafür entscheiden, etwas dagegen zu tun. Denn eine Welt, in der der Zufall des Geburtsortes darüber entscheidet ob du gut oder schlecht lebst kann keine erstrebenswerte Welt sein.

Kommentar verfassen