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Ein Gastbeitrag von Thomas Feske zu Inhalt und Form der Parkgebührendebatte

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Thomas Feske ist Geschäftsführer unserer Stadtratsfraktion. Er hat bei Twitter eine der vielen Debatten die dort in erschreckender Oberflächlichkeit und unangemessener Härte geführt werden, aus seiner Sicht aufgearbeitet. Der eigentliche Tweet ist unten eingebunden und kann mit allen Kommentaren nachgelesen werden. Ich empfand diesen Beitrag von Thomas als so spannend, weil er auch Mechanismen einseitiger Grüner Bewertungsmechanik klarmacht, die leider allzugroße Wirkmächtigkeit erlangt haben.

Die Erhöhung der Parkgebühren – eine Geschichte voller (bewusster?) Missverständnisse

Wow, Parkgebühren – was für ein Thema. Jemanden wie mich, der noch nicht lange auf der Plattform twitter unterwegs ist, überrascht, wie erbittert die Frage der Erhöhung der Gebühren dort debattiert wird. Heftiger als in so manch anderem Medium, so heftig, dass man sich mit Grausen abwenden müsste. „Müsste“ – ich habe in dieser Debatte, in der die LINKE-Stadtratsfraktion, die für eine moderate Erhöhung der Parkgebühren steht, als Fraktion der Autofetischisten bezeichnet wird, meine 2 Cent beigetragen, wie man heute sagt – also eine Gegenposition bezogen. Ein Auszug hier – im möglichst twitter-gerechten Stakkato:

„Kommunalpolitik und twitter – das funktioniert deshalb nur begrenzt, weil es auf kommunaler Ebene seltener klar Frontlinien gibt. Klar, Nazis mögen die wenigsten, aber abseits davon verhalten sich die politischen Kräfte nicht immer so wie es dem Klischee entspricht.

Gute und Böse? Verschwimmen.

Wer etwa in der Debatte um die Parkgebühren sagt, die kommunalpolitische Welt in Dresden ließe sich einfach in Autofetischisten auf der einen Seite und Nachhaltigkeitsverfechter auf der anderen Seite unterteilen, schwindelt.

Der Beweis: höhere Parkgebühren und niedrigere ÖPNV-Preise hätten wir schon seit einem Jahr haben können. Verhindert wurde beides im Dezember 2019 – von der Grünen-Stadtratsfraktion und von der SPD im Stadtrat. Aber dazu später mehr.

Bezeichne ich die Ratsfraktionen von Grünen und SPD deshalb Als Autofetischisten, Grünen-Stadtrat Johannes Lichdi als Neokon, der gemeinsame Sache mit Holger Zastrow mache – so wie er es mit unserem Stadtrat Tilo Wirtz tut? Nein, denn – wie gesagt: Kommunalpolitik ist kompliziert.

Vorsicht vor den Spin-Doktoren

Disclaimer: Ich bin Fraktionsgeschäftsführer der LINKEN im Stadtrat, also selbst kein Stadtrat, kein Fachpolitiker (wird nachfolgend sichtbar). Ich vertrete hier meine persönliche Meinung, die natürlich durch meine Arbeit und damit verbundene Loyalitäten geprägt ist.

Es gibt in der Debatte aber noch weitere Spin-Doktoren, die glaubhaft machen wollen, dass das Klima nur mit den Grünen und auf keinen Fall mit den LINKEN gerettet werden kann. Es sind Politiker wie Johannes Lichdi, Michael Schmelich, mit Abstrichen auch Susanne Krause (sämtlichst Ratsmitglieder der Grünen), die es genau richtig machen: Sie optimieren das eigene Standing. Allerdings verschwimmen da mitunter Fiktion und Wahrheit, gewürzt mit einer ordentlichen Prise Linken-Abneigung. Wer also nicht zu ihren Jüngern gehört, sollte skeptisch bleiben – wie immer und überall.

Die Sachlage

Der im Dezember beschlossene Haushalt sieht höhere Einnahmen aus Parkgebühren vor, zwar nicht so viel wie ursprünglich geplant, aber 2021 immer noch 13 Mio, 2022 15 Mio, ab 2023 18 Mio. Das geht nur über Gebührenerhöhung. Damit sind alle einverstanden, SPD, CDU, Grüne LINKE.

Der Grünen-Baubürgermeister hat Mitte Dezember versucht, in einer geänderten Vorlage aus seinem Haus auf diese veränderte Einnahmeerwartung einzugehen. Bisher wurde dieser Vorschlag weder abgelehnt, noch ist ihm zugestimmt worden. Die Befassung ist Mitte Dezember im Finanzausschuss schlicht vertagt worden. Warum?

Ganz einfach – weil er erst 2 Tage eilig vor Beschlussfassung rumgeschickt wurde. Wie man auf twitter und anderenorts sieht: Parkgebühren sind ein echt heißes Thema. Da am Montag schnell mal was votieren, was am Samstag rumgeschickt wurde? Schwierig.

Grüner BM im Zielkonflikt

Was sagt der Grüne-BM in der Vorlage: „Rechnerisch können die beschlossenen Einnahmeerwartungen erreicht werden, sofern keine wesentliche Änderung des Parkverhaltens eintritt […] und nicht in größerem Umfang gebührenpflichtige Stellplätze im öffentlichen Straßenraum wegfallen.“ Moment mal: keine Änderung im Parkverhalten? Aber genau das wollen wir doch! Dass die Leute aufs Auto für den Weg in die Stadt verzichten. Das nennt man einen Zielkonflikt. Wir wollen das Geld der Leute für den genutzten Parkplatz, wollen aber nicht, dass sie Parkplätze nutzen.

Vieles ist in dieser Vorlage ungeklärt, denn es gibt gewichtige Änderungsvorschläge: die CDU beispielsweise will auf die Stufen zur Gebührenerhöhung verzichten und gleiche die nächsthöhere Gebührenstufe anpeilen. Moment mal: die CDU will eine schnellere Erhöhung?

DIE LINKE will auch die Antonstadt (Äußere Neustadt) in die teuerste Gebührenzone nehmen, um dort den Parkdruck zu senken und Autobesuche im gut angebundenen Stadtteil unattraktiver zu machen. Moment mal – DIE LINKE geht über den Gebührenvorschlag des Grünen-Bürgermeisters hinaus? Spannend.

Aus meiner Sicht ist der Konflikt um die Parkgebühren kein Faktenkonflikt, sondern eine Auseinandersetzung um die richtigen Methoden und ein Wertekonflikt.

Streit um die Methodik

Die Methode: Die Grünen im Stadtrat wollen die autofahrenden Leute über die Preisschraube aus der Innenstadt drängen, wir über die Reduktion des Parkraumes. Nicht ohne Grund meldete sich LINKEN-Stadtrat Tilo Wirtz als die Reduktion der Parkplätze am Pirnaischen Platz an der rechten Seite des Rates scheiterte wie folgt zu Wort: „Nun müssen die Gegner einer Verschönerung der Innenstadt nur noch beschließen, dass die Klimaerwärmung nicht in Dresden stattfindet.“

Kurzes Zwischenfazit: DIE LINKE will Parkraum reduzieren, Autoverkehr ausbremsen, etwa durch 30er-Zone in Innenstadt; andere Verkehrsteilnehmer schützen und stärken, durch Radfahrzonen, Verbote, Zweiradfahrer zu überholen, durch die Erhöhung des parkfreien Abstandes an Abbiegungen. Klingt nicht nach Autofetischismus, oder? Aber es ist etwas anderes als fast ausschließlich die Gebühren zu erhöhen.

Streit um Werte

Der Wertekonflikt: Ich glaube, der ökologische Wandel funktioniert nicht nur mit dem vermeintlich „vernünftigen“ Drittel der Gesellschaft, er braucht breitere Akzeptanz. Deshalb geht er nicht ohne soziale Gerechtigkeit, für die wir streiten. Heißt: An Preisschrauben drehen ok. Aber die nicht vergessen, die es hart trifft.

Es gibt Gruppen, für die deutlich steigende Parkgebühren ein Problem darstellen: das ist die untere Mittelschicht, Familien, Menschen von außerhalb, die ins Zentrum müssen, Hebammen, medizinisches Personal auf Hausbesuch, Sozial- und Pflegedienste sowie Handwerksbetriebe im Einsatz, mobilitätseingeschränkte Menschen … es geht nicht um Freizeitfahrer, sondern um Menschen, für die die Nutzung des ÖPNV kaum machbar ist, die auf das Auto angewiesen sind und die nicht durchweg auf Wege ins Zentrum verzichten können. Sie spielen auf twitter kaum eine Rolle, die Debatte wird von anderen Menschen in anderen Lebenssituationen bestimmt. Ja, die Armen nutzen den ÖPNV besonders intensiv – das ergeben Verkehrsstudien aus Dresden. Wie sieht es aber mit denen aus, die knapp darüber leben?

Und wie sieht es mit den Einkommensschwachen aus, die sich trotz geringen geringen Einkommens ein Auto leisten? Könnte es sein, dass sie es wirklich brauchen? Als Großstadt-LINKER frage ich auch: Gibt es ein Recht auf Stadt? Ein Recht auf Zentrum? Ein Recht auf Bequemlichkeit?

Ich weiß, diese Fragen sind schwierig zu beantworten. Ein einfaches Gut-Böse-Schema hilft da nicht weiter. Nehmen wir mal den völlig an den Haaren herbeigezogenen Gegensatz Grüne-Linke, wie er von einzelnen Grünen-Stadträten hoch- und runtergebetet wird…

Wirklich grün?

Sind die Grünen ne Öko-Partei? Nicht immer. Für den Zentralen Busbahnhof wollen sie einen Standort im Zentrum, damit fahren dann täglich 300 Dieselbusse durch die Stadt. DIE LINKE wollte einen gut angebundenen Standort außerhalb des Zentrums. Die Grünen haben den Ski-Weltcup mit auf den Weg gebracht, DIE LINKE war dagegen. Die Grünen wollten die Senkung der Beherbergungssteuer, denn die Parkenden in der Innenstadt soll gern löhnen, der öko-feindliche Tourismus aber muss brummen. Die Grünen wollen ein Verwaltungszentrum neu bauen, das nicht mal neuesten Öko-Standards entspricht, obwohl es bestehende Alternativen gibt, für die DIE LINKE streitet. Die Grünen sind gegen ein 365-Euro-Ticket, DIE LINKE dafür. Letztere streitet auch für das Sozialticket, hat die Verbesserung des ÖPNVs im Dresdner Westen mit durchgesetzt, steht zu alle großen ÖPNV-Projekten und ist im Gegensatz zur Grünen-Fraktion nicht komplett für die Verbreiterung der Königsbrücker Straße. Sind die Grünen jetzt voll verlogen und die LINKEN immer auf dem richtigen Dampfer?

Natürlich nicht, aber man sollte auch nicht denen auf den Leim gehen, die das Gegenteil behaupten. Die erwähnten Räte und wahrscheinlich die gesamte Ratsfraktion der Grünen haben ein großes Ziel: die Stärkung ihrer eigenen Position. Das ist voll ok. Dabei greifen sie zu Mitteln, die nicht ok sind.

Unsägliche Vergleiche

Wie kann man in Zeiten einer realen rechten Gefahr von „nationaler Front“ zwischen CDU und LINKEN faseln – wie es Johannes Lichdi tut? Wie kann man – siehe PARTEI-Stadtrat Max Aschenbach – DIE LINKE beim eigenen (Zitat) „Arschlochranking im Rat“ an erste Stelle setzen, wenn ein paar Sitze weiter die AfD hausiert. Hier geht jedes Maß verloren.

Ok, aber fassen wir zusammen: DIE LINKE will die Stärkung des Radverkehrs durch mehr Sicherheit und mehr Rechte, die Ausbremsung des Autos, weniger Platz für den MIV, Stärkung des ÖPNV, was Strecken betrifft und Bezahlbarkeit, die Erhöhung der Parkgebühren. Bei letzterem will sie höhere Gebühren für die Neustadt als es der Grüne-Baubürgermeister vorschlägt, aber Ausnahmen etwa für Hebammen, Pflegedienste. Ihr Vorschlag liegt 30 Cent unter dem, was die Verwaltung für die teuerste Zone pro Stunde veranschlagt.

Die Auflösung

Zum Schluss die Auflösung: im Dezember 2019 sollten die Verbandsvertreter der Landeshauptstadt, die an der Fahrpreisgestaltung im ÖPNV im VVO mitwirken, verpflichtet werden, gegen eine Erhöhung von Ticketpreise im ÖPNV zu stimmen.

Die Ausfälle für die DVB und damit für die Stadt sollten durch die Erhöhung der Parkgebühren erfolgen. Sounds familiar? Die linke Seite des Rates war dafür, die CDU unter der Bedingung, dass es Ausnahmen von der Gebührenerhöhung etwa für Handwerker oder Pflegedienstleistende gäbe.

DIE LINKE dachte: wtf, CDU für Parkgebührenerhöhung? Lasst uns den Sack zu machen und Ausnahmen zulassen, wie etwa bereits in Chemnitz Realität. Grüne und SPD wussten um diese Chance, waren aber um nichts in der Welt zu diesen Ausnahmen bereit. Der Kompromiss platzte, die Ticketpreise wurden erhöht, die Parkgebühren nicht. Wie gesagt: Kommunalpolitik ist kompliziert.

2 Kommentare

  1. Die „Feindschaft“ zwischen Susanne Krause und Tilo Wirtz pflegen doch beide. Im letzten Jahr durfte ich bei so einer Vorstellung im SBR zu gegen sein. Es ging um Fahrradzonen, die ja in der Tat in der Praxis keine Verhaltensänderung erzielen. Selbst unseren eigenen Genoss:Innen fiel auf, dass er die Fahrradzone nur will, damit die Autos weiter fahren können. Faktisch werde sich dadurch nichts ändern, aber es hört sich grün an …
    Auch an andere Stelle wird Thomas‘ Argumentation unscharf: „Ihr Vorschlag liegt 30 Cent unter dem, was die Verwaltung für die teuerste Zone pro Stunde veranschlagt.“ heißt es an der einen Stelle. Die Aussage suggeriert, dass DIE LINKE ja preislich ganz nah an der Verwaltungsvorlage läge.
    An anderer Stelle aber „es geht […] um Menschen, für die die Nutzung des ÖPNV kaum machbar ist, die auf das Auto angewiesen sind und die nicht durchweg auf Wege ins Zentrum verzichten können.“ Für die wären 30 Cent also der Weltuntergang?
    Die Fraktion gibt auf Facebook ein Statement (ich glaube auch als Pressemitteilung) raus, in der sie nicht müde wird auf die vermeintliche grüne Gentrifizierung der Innenstadt hinzuweisen. Da ist die Rede von „Gift in kleinen Dosen“, „exorbitanten Gebühren“ und dreistem Verwaltungshandeln – also von den 30 Cent, die ja so nah an der Verwaltungsvorlage liegen …
    Auch die Feststellung, dass die Linksfraktion ja den Parkraum deutlich reduzieren will, nur eben die Gebühren wegens der kleinen Leute nicht so erhöhen wollen ist ja irgendwie unehrlich.
    Ist es nicht egal oder zumindest höchst akademisch, ob der kleine Mann / die kleine Frau sich den Parkplatz in der Innenstadt (wegen der 30ct) nicht mehr leisten kann oder ob es den Parkplatz nicht gibt und er deswegen nicht parken kann?
    Ja, der Umgangston ist wirklich oft unterirdisch. Und die ganzen anderen Punkte fraglicher „grüner Politik“ sind durchaus spannend und gehören viel öffentlicher kritisiert als die Gebührenhöhe. Aber dazu gibt die Fraktion nichts raus, nur zu „Gift in kleinen Dosen“, „exorbitanten Gebühren“ und angeblich dreistem Verwaltungshandeln. Und dann wundert sie sich, wenn ihr der Vorwurf Autofahrerpartei zu sein gemacht wird?
    Tilos bau- und verkehrspolitische Standpunkte erscheinen leider oft sehr konservativ, alles andere als progressiv und sind leider sehr oft auch nicht mit meinen kompatibel. Auch Umweltschutz scheint ihm bisweilen regelrecht zuwider. Was ich sehr schade finde, weil wir durch solche lauten und öffentlichen Meinungsäußerungen den Draht zum jungen, engagierten und progressiven Nachwuchs verlieren.

    • Meine Argumentation ist natürlich unscharf, aber welche ist das in dieser Debatte nicht? Allerdings: irgendwann beginnt Unbezahlbarkeit. Und wenn Dir 30 Cent zu poplig erscheinen, dann verweise ich darauf, dass die bisher existierenden Tagestickets von der Verwaltung ursprünglich gar nicht vorgesehen waren. Jetzt soll gelten: Aus dem Tagesticket von 6 Euro wird in nicht mal mehr zwei Jahren ein Tagesticket für 18 Euro.

      Ich will es nochmals davor warnen, den Grünen auf den Leim zu gehen. Es gibt in der Linksfraktion niemanden, der nicht auch zur Steuerung des Verkehrs Parkgebühren erhöhen will. Nur: es spielen für uns auch andere Erwägungen eine Rolle. Mich beschämt, dass das Aufwerfen der sozialen Frage offenbar verpönt ist – einmal mehr.

      Mir scheint, als herrsche viel Unklarheit, wer die Nutzerinnen und Nutzer des Autos sind, wer wann aus welchem Grund die Innenstadt ansteuert. Noch mehr herrscht aber Desinteresse daran, sich Klarheit zu verschaffen. Und das ist symptomatisch für die Debatte, nämlich die fehlende Bereitschaft sich mit den konkreten Härten auseinanderzusetzten, mit denen Menschen alltäglich konfrontiert sind.

      So wird etwa auf diese Studienergebnisse – https://www.dresden.de/media/pdf/stadtplanung/verkehr/SrV_2018_Ergebnisse.pdf – verwiesen, darauf, dass die Autozahl steigt, aber die mit Auto gefahrenen Wege sinken. Was aber das heißt das? Dass die Zahl der Autofetischisten steigt? Oder heißt es, dass Menschen auf das Auto angewiesen sind, seine Nutzung aber auf das wirklich dringliche Maß reduzieren? Seit 2013 etwa steigt zum Beispiel die Zahl der mit Auto zurückgelegten Wege vor allem bei älteren Menschen. Sie wollen Mobilität in Zeiten steigender Lebenserwartung. Ach, es gibt so viele Fakten, die gegen den Strich bürsten. Zum Beispiel steigt de Führerscheinquote bei Frauen während sie bei Männern sinkt. Ja, das Auto bedeutet Freiheit, Bequemlichkeit, Praktikabilität, Unterstützung im Alltag. Unterhalb welcher Härtefallgrenze darf man Menschen mittels Preisschraube das Recht darauf streitig machen?

      Und wie finden wir den Vorschlag der Verwaltung, dass Elektroboliden bis zu vier Stunden kostenlos parken dürfen – egal wo die entsprechende Ladesäule steht?

      Im Übrigen gibt es einen Unterschied zwischen Parkraumreduzierung und der Erhöhung von Parkgebühren. Das sieht man etwa bei der fehlenden Auslastung von Parkhäusern. Wer die Preise erhöht, gibt ihnen die Gelegenheit, ebenfalls anzuziehen. Wer den Parkraum reduziert, füllt die Parkhäuser.

      Zum Konservatismus von Tilo Wirtz Vorschlägen will ich mich als Zugezogener nicht äußern. Allerdings ist mir diese Analyse etwas zu kurz gegriffen. Ich erlebe in Dresden wie auch anderenorts eine zunehmende Entfremdung der Einwohnerinnen und Einwohner von ihrer Stadt. Da werden große Projekte vor aller Augen hochgezogen und es entsteht der Eindruck, dass man auf Gestalt und Funktion genauso wenig Einfluss hat wie die Kommunalpolitik am Ende regelmäßig von sich behauptet. Mitunter kommt konservativ daher, was in Wirklichkeit die Selbstermächtigung der Kommunalpolitik gegenüber Großinvestoren im Sinne einer Stadt als Identifikationsort ist. Mitunter hält man an Fußgängertunneln aus DDR-Zeiten fest während andere auf die oberirdische Verelendung der Fußgänger an der Großen Meißner Straße setzen. Mitunter ist der unsexy Kampf für den Erhalt des Sozialtickets ja gerade der Kampf für eine Verankerung des ÖPNVs in möglichst vielen Bevölkerungsschichten und der Streit für größere parkfreie Bereiche an Kreuzungen eine reale Stärkung des Radverkehrs. Klingt nach Verteidigen, nach kleinen Schritten, nach Bewahren – und ist doch ein Fingerzeig nach vorn, wie ich finde.

      Lieber Sven, Du solltest jüngere Wählerschichten nicht gegen ältere stellen. Und vor allem solltest Du jüngere Wählerschichten nicht mit neoliberalen verwechseln. Letztere rümpfen die Nase, wenn von älteren Herrschaften die Rede ist, die ihre Getränke mit dem Auto nach Hause fahren, und empfehlen: einen Soda Stream.

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