Heute wird im Dresdner Stadtrat eine Vorlage behandelt, die den Neubau des Verwaltungszentrums ein Stück weiter voranbringen soll. Im Wesentlichen ist diese Vorlage Rechts- und Finanzarchitektur und hat mit der Frage, wie das Verwaltungszentrum aussehen soll, wenig zu tun. Gleichzeitig aber sehen wir nun seit einigen Tagen die beiden „Siegerentwürfe“ auf der Webpräsenz der Landeshauptstadt Dresden und können uns dazu äußern. Tausende haben es getan, die Zustimmungsraten sind überschaubar.
Als wir das erste mal von den Plänen hörten, hatte Dresden gerade in den finanziellen Glückstopf gegriffen und eine ziemlich hohe Steuernachzahlung eingenommen. Das Geld wurde für das Verwaltungszentrum beiseite gelegt und ein Grundsatzbeschluss vorbereitet. In diesem Zusammenhang hatte ich meine Haltung zu diesem Plan auch grundsätzlich gefasst und dort, wo es meine Zuständigkeit war, mitgeteilt.
1. Ich finde, die Chance, auf einem eigenen Grundstück mitten in der Innenstadt ein Rathaus zu errichten, kommt nicht so oft. So ein Bauwerk kann die Stadt über Jahrzehnte, gar Jahrhunderte prägen, genau so wie es das eigentliche Rathaus ja auch tut. Man muss diese Chance also ergreifen.
2. Wenn es aber ein prägender Bau werden soll, müssen wir überlegen, was denn die Anforderungen daran sein sollen. Und als Sozialist war meine Antwort einfach: Der Bau muss so gestaltet werden, dass er für die Menschen weiterhin öffentlicher Raum bleibt. Zugänglich zu jeder Zeit, ein Ort, den man unabhängig von Büro- oder Ladenöffnungszeiten aufsuchen kann.
Hätten wir einen Entwurf, der einer solchen Idee folgt, wäre für mich die Kostenfrage zweitrangig. Denn das, was wir dann mehr ausgegeben hätten, würde sich jahrzehnte- oder gar jahrhundertelang in erhöhter Lebensqualität für die Menschen auszahlen die diese Möglichkeiten dann nutzen könnten. Ein Entwurf für ein Bauwerk, das dem Geist der Zeit mutig vorangeht statt sich vor ihm ängstlich zu ducken, hätte meine Stimme bekommen.
Dresden ist immer noch vergleichsweise gut bestückt mit Möglichkeiten, Zeit in der Innenstadt zu verbringen. Der öffentliche Raum steht der Öffentlichkeit zur Verfügung, ohne erst durch „Sondernutzungen“, also Kommerz attraktiv gemacht zu werden. Aber diese Gelegenheiten werden seit Jahren Stück für Stück zurückgefahren. Suchen Sie einmal eine Stelle, an der mehrer Personen zusammensitzen und sich unterhalten können ohne Kaffee und Kuchen kaufen zu müssen. Oder, schlimmer noch: Suchen Sie an einem heißen Sommertag einmal eine Bank im Schatten.
Hier hätte ein so bedeutender öffentlicher Bau gegenhalten können. Und wird es wohl nicht tun.
Man kann das auf der Webseite der Stadt erahnen. Dort wird in der Onlinebefragung die „Agora“ erwähnt. Sie wird wie folgt beschrieben: „Die Agora ermöglicht als zentraler Empfangs- und Begegnungsraum den persönlichen Kontakt zwischen Bürgern und Verwaltung und schafft Platz für mehr bürgerschaftliches Engagement.“. Zu sehen ist die Agora bei den Bildern beider Entwürfe nicht, sie war den Gestaltern der Umfrage offenbar nicht wichtig genug um Teil der bürgerschaftlichen Diskussion zu sein. Es reicht, wenn sie dann dort Platz für „bürgerschaftliches Engagement“ finden.
Ein Begegnungsraum zwischen Bürgern und Verwaltung also. Wenn sich die Menschen der Obrigkeit nähern, sollen sie es hübsch haben.
Für mich ist das zu wenig. Unabhängig von ästhetischen Fragen oder finanziellen Erwägungen halte ich ein Gebäude, das sich in der Hauptsache als Bürohaus geriert und damit das genaue Gegenteil von öffentlichem Raum ist an in dieser Dimension und besonders an dieser Stelle für verfehlt. Eine Jahrhundertchance wird durch Ideenlosigkeit ungenutzt vertan. Dafür will ich meine Hand nicht heben.
18. Dezember 2020 um 17:54
Persönlich finde ich, dass die Stadt Dresden seit Jahren die Flächen in der Innenstadt sinnlos vergibt. Damit meine ich nicht, dass die Flächen nicht bebaut werden sollten, sondern dass man die Möglichkeit vertan hat, Akzente zu setzen und zu zeigen, wie nachhaltige und grüne Architektur im 21. Jahrhundert aussehen kann. Z. B. wäre es sinnvoll, mal von den ewigen Stahlbeton-Gebäuden weg zu gehen, hin zu Baumaterialien wie LVL-Platten. Besonders bei Schulneubauten bieten diese sich an, da das Klima im Inneren angenehmer ist, die Gebäude Brände besser aushalten (Stahl gibt ab einer gewissen Temperatur nach und die Gebäude stürzen ein) und Holz hallt deutlich weniger nach.
Insofern gibt es beim neuen Verwaltungszentrum zu zeigen, welche Vision die Stadt Dresden für ihre Zukunft hat. Aber wie so oft wird sich zeigen: Visionen sind hier fehl am Platz, zumindest wenn es um die Architektur geht.